![Topothek Langenlois 1Bürgermeister August Harrer (1866 – 1936), Lehrer, Direktor der Sparkasse. Von 1919 bis 1924 war er Bürgermeister, nominiert von der Deutschen Wirtschaftspartei]()
Erstmals wurde der Gedanke einer Erhebung des Marktes Langenlois zur Stadt in der Sitzung des Gemeinderates vom 16. Jänner 1920 von Bürgermeister August Harrer vorgebracht, und er führte dazu aus: „Die Anforderungen, die an eine Stadtgemeinde gestellt werden können, sind im hinreichenden Maße erfüllt. Die Befürchtung, dass den hiesigen Steuererträgen aus dem Titel Stadt eine höhere Steuerleistung auferlegt werden würde, ist nicht zutreffend.“ Die Behandlung dieser Angelegenheit wurde vertagt und dann aber nicht weiter verfolgt. Stadterhebungen zu dieser Zeit sind auch im Zusammenhang mit der Trennung Niederösterreichs von Wien im Jahr 1922 zu sehen; das größte Bundesland hatte damit keine eigene Landeshauptstadt, aber durch eine beachtliche Anzahl von Stadterhebungen konnte zumindest der Anteil der städtischen Bevölkerung im Agrarland Niederösterreich angehoben werden.
Erst 1924 wurde die Frage der Stadterhebung von Langenlois wiederum aufgegriffen, als der Kremser Abgeordnete zum niederösterreichischen Landtag Dr. Viktor Mittermann am 8. April 1924 an den niederösterreichischen Landtag die Anfrage hinsichtlich einer Stadterhebung von Langenlois richtete und gab dazu folgende Befürwortung:
„Die Marktgemeinde Langenlois im politischen Bezirk Krems ist der Mittelpunkt des größten geschlossenen Weinbaugebietes Nieder-österreichs und der Sitz eines weitverzweigten Weinhandels. Der Ort hat ein reges Geschäftsleben und ein große Steuerleistung. Es ist daher der Wunsch sehr berechtigt, dass diese wirtschaftlichen Tatsachen durch die Erhebung des ungefähr 5000 Einwohner zählenden Marktes Langenlois auch äußerlich anerkannt werden.“
Als Bürgermeister August Harrer in der Gemeinderatsitzung vom 13. Mai 1924 über den Vorstoß Mittermanns berichtete, wurde unverzüglich für den 18. Mai 1924 – es war ein Sonntag – eine außerordentliche Sitzung des Gemeinderates einberufen, deren einziger Tagesordnungspunkt die Entscheidung über die Erhebung des Marktes Langenlois zur Stadt war. Bei der Abstimmung zu dieser Frage enthielt sich ein Gemeinderat der Abstimmung, die übrigen anwesenden Gemeinderäte stimmten für die Erhebung des Marktes zur Stadt. Der Vorsitzende bemerkte zum Abstimmungsergebnis, dass dieser Gemeinderatsbeschluss einen Markstein in der Geschichte unseres Marktes bilden werde.
Man hoffte, dass zur Stadterhebung bald eine positive Entscheidung erfolgen würde; um aber der angestrebten Stadterhebung Nachdruck zu verleihen, begab sich im Sommer 1924 eine Abordnung des Gemeinderates, angeführt von Bürgermeister August Harrer, nach Wien, sprach bei der niederösterreichischen Landesregierung in der Angelegenheit Stadterhebung vor und erhielt die Zusage für eine baldige Erledigung. Auch an die Bundesregierung wurde vom Bürgermeisteramt ein Schreiben gerichtet, worin alle jene Voraussetzungen hervorgehoben wurden, die den Markt Langenlois für eine Stadterhebung vorzüglich geeignet erscheinen ließen.
Im Spätherbst 1924 tauchte von Seiten des Landes unvermutet ein Hindernis für die Stadterhebung auf. Ein Erlass der niederösterreichischen Landesregierung sorgte für eine regelrechte Irritation. Es hieß darin nämlich, dass entweder der Markt Langenlois allein – ohne Haindorf, das lediglich ein Dorf sei – zur Stadt erhoben werden könne, oder dass die ganze Ortsgemeinde, also Haindorf mit Langenlois vereinigt, für eine Stadterhebung in Frage käme. Jedenfalls rief dieser Erlass bei den Gemeinderäten Kopfschütteln hervor, denn Haindorf war bereits seit 1901 nach Langenlois eingemeindet worden und hatte damit als eigenständige politische Gemeinde zu bestehen aufgehört.
Indessen standen Gemeinderatswahlen (30. November 1924) an, aus denen der Wirtschaftsbesitzer Anton Wöber von der christlichsozialen Partei als Bürgermeister hervorging. Auch der neue Gemeinderat hatte sich mit der Frage der angestrebten Stadterhebung zu beschäftigen. Gemeinderat Ludwig Mochty, ein Haindorfer, wies jede Andeutung, Haindorf von der Stadterhebung auszuschließen, vehement zurück und verlangte die Stadterhebung für die gesamte Gemeinde, denn die "Haindorfer wollen auch Städter und nicht Vorstädter" sein. Mit einem klärenden Beschluss des Gemeinderates vom 19. Dezember 1924 wurden für die Landesregierung die vermeintlichen Hindernisse zur Stadterhebung aus dem Weg geräumt.
Die Stadterhebung
In der Ministerratssitzung vom 20. Februar 1925 beschloss die Bundesregierung Erhebung des Marktes Langenlois zur Stadt. In der später ausgestellten Urkunde darüber heißt es: „Die Bundesregierung hat mit ihrem Beschlusse vom 20. Februar 1925 über die Bitte der Gemeindevertretung die Marktgemeinde Langenlois in Nieder-Österreich, nach vorheriger Einbeziehung der Ortschaft Haindorf in die Ortschaft Langenlois, zur Stadtgemeinde erhoben.“
NÖ Landeshauptmann Dr.Karl Buresch informierte den Langenloiser Bürgermeister zunächst telegrafisch und dann in einem Schreiben, datiert vom 5. März 1925, über die Stadterhebung. In der Gemeinderatssitzung vom 12. März 1925 konnte Bürgermeister Anton Wöber den anwesenden Gemeinderäten folgendes bekannt geben: „Ich bin in der Lage, Ihnen eine wichtige und angenehme Mitteilung zu machen. Der Ministerrat hat die Erhebung unseres Marktes zur Stadt genehmigt. Die Gemeinderäte erheben sich von ihren Sitzen. Dadurch ist ein lang gehegter Wunsch der Bevölkerung in Erfüllung gegangen.“
Auf Ersuchen der Gemeinde wurde von der Bundesregierung eine Bestätigungsurkunde ausgestellt, in der die Berechtigung erteilt wurde, das bisherige Marktwappen nunmehr als Stadtwappen zu führen.
Festveranstaltungen zur Stadterhebung
Unter der Obhut der Gemeindevertretung konstituierte sich ein Festausschuss zur Vorbereitung einer Stadterhebungsfeier, die sich über zwei Tage erstrecken sollte; als als Termin dafür wurde der 18. und 19. Juli 1925 festgelegt.
Am Samstag, 18. Juli 1925 wurde eine Handels- und Gewerbeausstellung in der Bürgerschule von Resortminister Dr. Hans Schürff eröffnet; sie vermittelte ein eindrucksvolles Bild von der heimischen Handels- und Gewerbebetriebe. Am Abend gab es einen Zapfenstreich, daraufhin bewegte sich ein Fackelzug der Vereine durch die die junge Stadt.
Am Sonntag, 19. Juli 1925, wurde in der Pfarrkirche ein Festgottesdienst zelebriert. Am Nachmittag wurde im Rathaus eine Festsitzung des Gemeinderates abgehalten, zu der auch eine große Anzahl von Gästen geladen war. Bürgermeister Anton Wöber, konnte Nationalratspräsident Dr. Wilhelm Miklas, Vizekanzler Dr. Leopold Waber, Landeshauptmann Dr. Karl Buresch, Bezirkshauptmann Dr. Hans Vogl, die Nationalräte und Abgeordneten des Bezirkes, die Spitzen der Bezirksbehörden sowie die Bürgermeister der benachbarten Stadt- und Landgemeinden begrüßen.
Einen eindrucksvollen Höhepunkt bildete für die Langenloiser und für die Besucher von auswärts der mit großen Aufwand gestaltete historische Festzug, der sich, vorbei an den Tribünen der Ehrengäste, durch die Straßen der Stadt bewegte. Die Festzugsteilnehmer, in originelle Kostüme gekleidet, konnten in anschaulicher Weise Begebenheiten aus der wechselvollen Geschichte des Ortes vermittteln. Reicher Beifall der Menschen an den Straßen bildete den Lohn für die Mühen, die die Akteure auf sich genommen hatten.
Die Stadterhebungsfeier fand ihren Ausklang in einem abendlichen Konzert im Schützenhaus. Und ebenfalls am Abend hielt Dr. Anton Hrodegh, der aus dem Vierzigerwald stammende Priester und Prähistoriker, einen Vortrag zu urgeschichtlichen und frühgeschichtlichen Zeugnissen des Kamptals und des südöstlichen Waldviertels. Zu Erinnerung an die Stadterhebung erschien eine Festschrift mit romantisierenden Geschichtsschilderungen und Beiträgen zu einzelnen Abschnitten der Langenloiser Geschichte.
Die Stadterhebung, die mit keinen Privilegien wie bei Stadtrechtsverleihungen im Spätmittelalter verbunden war, aber der Titel "Stadt" wirkte sich insofern aus, als nun manche Bezeichnungen das Adjektiv "städtisch" oder den Zusatz "Stadt" erhielten.
So wurden Ämter, Funktionen und Einrichtungen mit dem Begriff "Stadt" verknüpft: Stadtrat, Stadtamtsdirektor, Stadtverwaltung, Stadtbürgermeister, Stadtpfarre, Stadtpolizei, und der „Obere Markt“ wurde nunmehr zur „Oberen Stadt“. Und damit gelangte der Begriffszusatz "Stadt" rasch in den Sprachgebrauch und in das Bewusstsein der Leute, die sich mit Recht - und mit Stolz - als Stadtbewohner bezeichnen konnten. Nationalratspräsident Dr. Wilhelm Miklas, der später Bundespräsident wurde, hob in seiner Ansprache hervor, „Wall und Graben, Türme und Mauerzinnen machen noch keine Stadt aus, Gesinnung und Haltung der Bewohner bilden den Stadtcharakter.“ Damit hatte er den nunmehrigen Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern auferlegt, im Denken und Handeln eine urbane Geisteshaltung erkennen zu lassen. Die ist auch nach hundert Jahre später von uneingeschränkter Gültigkeit.
Text von Mag. Johann Ennser